Frauenfußball in Deutschland: Ein Trauerspiel

Traritrara, die neue Saison ist da. Die Frauen von RB sind mit einem Sieg ins Abenteuer Zweite Bundesliga gestartet. Und kaum einer hat es mitbekommen. Und wenn dann eher so am Rande. Das ist kein alleiniges Phänomen beim Rasenballsport aus Leipzig, das ist ein allgemeines Problem in Deutschland.

Aber wo fängt man da am besten an? Gehen wir mal von RB aus. Die Mädels sind verdient in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Coronabedingt findet sie diese Saison zwar wieder zweigleisig statt, also geteilt in Nord- und Südstaffel, nichts desto trotz ist es eine Bundesliga. Wo gibt es also die Übertragungen? Im Fernsehen? Nee! Zweite Liga nicht. Erste übrigens auch nicht, aber dazu später mehr.

BESSER ALS NICHTS

Es findet sich also ein Stream bei Soccerwatch.tv – besser als gar nichts, man ist ja für die kleinen Dinge dankbar und freut sich, den Mädels überhaupt zusehen zu können. Aber dass da im Grunde eine bessere Überwachungskamera hängt, die irgendwie automatisch den Ball trackt (und manchmal auch verliert) und deren Mikro ohne Poppschutz das Rattern des Windes einfängt, dass es klingt, als sei ein Luftangriff im Gange, ist schon zweifelhaft. Und der DFB feiert sich dafür, dass alle Spiele so übertragen werden!

50 JAHRE FRAUENFUSSBALL IN DEUTSCHLAND

Das ist der DFB, der dieses Jahr das ganz große Tafelsilber rausgeholt hat, das Meissner Porzellan poliert, um sich mal richtig schön hochleben zu lassen. Für 50 Jahre Frauenfußball in Deutschland! Wow. Das ist geradezu zynisch. Schon vor etwa hundert Jahren spielten Frauen auch in Deutschland Fußball. Stück für Stück sogar organisiert. Allein der DFB wollte das nicht. Und verbot seinen Mitgliedern, Frauenmannschaften unter seinem Dach anzubieten.

KUCHEN!

Erst als immer mehr Vereine auf dem Weg waren, sich anderweitig zu organisieren, als klar wurde, dass es da einen Kuchen gibt, der zu verteilen sein könnte, rückte der DFB von seiner Haltung ab und – wie generös – gestattete Frauenfußball innerhalb seiner Bestimmungen. Bevor die anderen das Backwerk naschen, zwing ich es mir lieber selber rein!

NICHT GLEICH ÜBERTREIBEN

Dass das Engagement aber nicht so wirklich groß war, sieht man bis heute. Zwar werden die Frauen etwas besser gefördert als vor 50 Jahren, aber wenn man sich umschaut, wieviele von den Spielerinnen allein vom Fußball leben können, wird es echt dünn. Und das führt zum nächsten Punkt.

JA, ABER…

Argumente von Männerfußballfans! Erstens: Das, was die Frauen spielen ist viel langsamer! Nun ja, ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Aber: Während die Profis im Männerbereich sich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren können, also Training, Ernährung, Tagesrhythmus etc. pp., ist es bei den meisten Frauen so, dass sie nebenbei arbeiten und/oder studieren und das auch tun müssen, weil sie finanziell sonst nicht über die Runden kämen. Rücklagen für die Zeit nach der Karriere? Ich höre einige laut prusten!

ICH WOLLT, ICH WÄR EIN HUHN…

Zweitens: Das interessiert doch keinen! Das ist das typische Henne-Ei-Problem! Dadurch, dass die Sichtbarkeit fehlt, kann es keine Bindung geben. Wie soll ich mit etwas mitfiebern, was mir im Grunde nicht bekannt ist? Habt ihr euch mal eine Übertragung der “Flyeralarm Bundesliga der Frauen” angeschaut? Also erstmal: Hattet ihr das Glück, dass die Übertragung stattfand und nicht eine Sendeverpflichtung für Tennis Vorrang hatte? Unvorstellbar bei den Herren! Aber zurück zum Punkt: Statt 15 Kameras mit Monsterteleobjektiven, 4K-Standard, Superzeitlupen, unterschiedlichsten Blickwinkeln und Spidercams, gibt es dort eben eine halbhohe Führungskamera, die weder Fisch noch Fleisch ist. Zu hoch für dynamische Bilder vom Spielfeld, zu niedrig für einen kompletten Überblick übers Feld. Dann noch ein bis zwei andere Kameras etwas weiter links und rechts und das wars dann schon.

LANGWEILIG!

Das sorgt dafür, dass das Spiel nicht halb so ereignisreich wirkt wie bei den Männern in der ersten oder zweiten Liga. Dort wird jede Spielunterbrechnung mit Wiederholungen, Superslomos, extremen Nahaufnahmen und Atmosphäre gefüllt. Dadurch entsteht der Eindruck, da passiert immer was. Bei den Frauen: Naja, Ball gerade im Aus und die Torfrau muss ihn halt erstmal wieder selber holen. Klar wirkt das dadurch behäbiger.

ES GEHT BESSER, WIRKLICH!

Würde hier aber das gleiche Besteck aufgefahren, wäre mehr Dramatik deutlich. Dann wären auch mehr interessierte Zuschauer dabei. Dass das geht und wirklich auch funktioniert, zeigen die USA oder Spanien sehr schön. Und ganz aktuell England, wo richtig investiert wurde, wo es einen FA Player gibt, in dem man alle Spiele sehen kann. Absolut zuverlässig. Ohne die Ernüchterung, dass selbst die hartgesottenen Fans irgendwann entnervt ausschalten und hoffen, nach dem Spiel wenigstens ein Ergebnis irgendwo zu finden.

STATISWAS?!

Ergebnisse! Auch so ein Ding. Bzw. die dazugehörenden Statistiken. Bei den Männern ist quasi alles bekannt. Von der Schuhgröße bis zur Laustrecke und Ballkontakten gibts jedes erdenkliche Detail. Bei den Frauen stimmen auf der DFB-Seite(!) nicht mal die Kaderzusammenstellungen. Statistiken sind schlichtweg falsch. Torschützenlisten, die mit gewürfelten Werten zuverlässiger sind. Es ist traurig.

RESPEKT, BITTE!

Oh ja, traurig: Länderspiel der Frauen. Abpfiff. Sieg! Medallien. Oh nee, das zeigen wir jetzt lieber nicht, wir haben noch einen vorproduzierten Einspieler mit den schönsten Toren von Schweinsteiger, weil der uns jetzt was zur Nations League oder was auch immer erzählen will. Wie respektlos ist das, eine Siegerehrung wegzuschalten, um etwas aus der Konserve zu senden? Und das kommt immer wieder vor.

FAZIT

Daher ist mein Appell ganz klar: Tut was für die Mädels! Redet nicht nur mal drüber, dass was getan werden muss, sondern tut was! Die rackern genauso wie die Männer. Und müssen nebenher noch viel mehr machen. Da wird neimand so gepampert. Macht also Lärm, fordert von euren Vereinen, dass die Frauenmannschaften besser präsentiert werden. Nervt die Verbände, sorgt dafür, dass irgendwann nicht mehr die Frage ist, ob ein Spiel überhaupt übertragen wird, sondern nur wo. Stellt den Frauenfußball ins Rampenlicht, wo er hingehört! Und fordert gerechte Bezahlung für die Mädels. Kurz: Fordert eine wirkliche Professionalisierung des Frauenfußballs in Deutschland.

(Dieser Artikel ist ein Repost von Rabale & Liebe aus dem letzten Jahr)

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